Frau Isabel Scheibe, Ergotherapeutin im MEDIAN Reha-Zentrum Wiesbaden Sonnenberg, beantwortet uns in einem Interview fünf Fragen zur Ergotherapie bei Amputationen, anlässlich des heutigen Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung.
Isabel Scheibe:
Isabel Scheibe:
Isabel Scheibe: Zur Grundausstattung nach Amputationen empfehlen wir:
Rollstuhl, Stumpfablage für den Rollstuhl (bei Unterschenkelamputation), Unterarmgehstützen, einen Kompressionsstrumpf für den Stumpf, Haltegriffe für Dusche/Badewanne/WC, Duschhocker/Duschstuhl, Urinflaschenset, kippbarer Badezimmerspiegel
Je nach Bedarf: Gehbock und/oder Rollator/ Dekubitus Kissen für den Rollstuhl/ Transferbrett/ Toilettenstuhl
Isabel Scheibe: Wir starten meist mit der Stumpfdesensibilisierung/Stumpfabhärtung und Narbenbehandlung. Diese bereitet die Haut auf das Tragen des Liners vor und wirkt Schmerzen am Stumpf oder der Narbe entgegen. Außerdem legen wir viel Wert auf das Training der Balance, diese ist essentiell um im Alltag das Prothesenbein optimal zu belasten und so die Gelenke der nicht betroffenen Seite vor vorzeitigem Verschleiß zu schützen.
Ein weiterer wichtiger Gedanke dabei: Es dient der Sturzprophylaxe. Deshalb nutzen wir auch beim Geh- und Lauftraining möglichst verschiedene Untergründe und geographische Bedingungen (Niederschlag, Bodenbeschaffenheit etc.), um die Patienten möglichst optimal auf ihr häusliches Umfeld vorzubereiten. Weitere Inhalte können sein: Wie reinige ich den Liner, korrektes Anlegen des Prothesenschafts, Erlernen der Funktionsweise der elektronischen Kniegelenksprothese, Treppensteigen, freihändiges Stehen.
Isabel Scheibe: Gerade nach traumatischen Amputationen oder chronischen Schmerzen vor der Amputation, kann es zu Phantomschmerzen kommen. Es handelt sich um neuropathische Schmerzen im amputierten Körperteil. Sie lassen sich als schneidend, brennend, stechend oder krampfartig beschreiben. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht. Aber es wurde deutlich, dass es nach einer Amputation zu Veränderungen im Bereich des zentralen- und peripheren Nervensystems kommt und diese zumindest teilweise für die Phantomschmerzen verantwortlich sind. Medikamente kommen in der konservativen Therapie genauso zum Einsatz, wie physikalische Therapie (Bäder, Massagen), Akupunktur, oder auch wie bei uns im Reha-Zentrum genutzt, Spiegeltherapie.
Während der Spiegeltherapie wird das noch vorhandene Körperteil so gespiegelt, dass der Patient den Eindruck erhält, die Spiegelung sei das amputierte Körperteil. Mit Hilfe von verschiedenen Bewegungsübungen, taktilen Reizen, mentalem Training und rechts/links Training, sollen gezielt die so genannten Spiegelneuronen angesprochen werden. Man hat herausgefunden, dass diese Nervenzellen im Gehirn für das (Wieder)Erlangen von Bewegung verantwortlich sind. In Pilotstudien zeigte sich, dass diese für das Wiedererlernen von Bewegungen wichtige Hirnregion auch während der Spiegeltherapie besonders angesprochen wird und so Schmerzen reduziert werden können.
Die Spiegeltherapie erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration, der Patient muss sich ganz bewusst auf diese Spiegelillusion einlassen können. Um Erfolge zu erhalten, muss er außerdem regelmäßig und eigenständig am Spiegel üben. Hierfür wird er von uns über Verhaltensweisen während der Spiegeltherapie aufgeklärt und gemeinsam werden Übungen für sein Heimtraining erarbeitet.