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Dank der Technik muss eine Hörschädigung heute nicht von Dauer sein

Zum heutigen Welttag des Hörens haben wir mit Dr. Roland Zeh gesprochen. Er ist Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und als Chefarzt der Abteilung HTS (Hörstörungen, Tinnitus, Schwindel und Cochlea-Implantate) in der MEDIAN Kaiserberg-Klinik Bad Nauheim tätig. Im Gespräch erläutert er, ab wann Laustärke gefährlich wird, welche Anzeichen es für eine Hörstörung gibt und wie Hörgeschädigte Dank Technik wieder normal telefonieren können.

Redaktion: Kann man schlechten Ohren vorbeugen?

Dr. Zeh: Einer Schwerhörigkeit oder einem Hörverlust kann leider nicht vorgebeugt werden. Das gilt sowohl für langsam beginnende Hörverluste, wie die Altersschwerhörigkeit, als auch für plötzlich eintretenden Hörverlust, wie den Hörsturz. Sämtliche angebotenen Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel sind wirkungslos – das gilt insbesondere auch für Medikamente, welche die Durchblutung verbessern sollen. 
Vor einem Lärmschaden kann man sich mit einem angemessenen Gehörschutz schützen.

Redaktion: Ab wieviel Dezibel (dB) werden Geräusche für unser Gehör gefährlich?

Dr. Zeh: Hier muss entschieden werden zwischen: 
(1) Sehr kurzen Lärmeinflüssen von max. 1 bis 2 Sekunden Dauer („Impulslärm“), der z. B. durch Schüsse und Explosionen entsteht. Hier liegt die Grenze bei 100 bis 120 dB. Dabei muss man allerdings bedenken, dass z. B. der Knall einer Spielzeugpistole schon ca. 150 dB erreicht. 
(2) Kurzen Lärmeinflüssen von ca. 3 bis 5 Stunden Dauer, wie der Besuch eines Konzertes oder einer Diskothek. Die Grenze, ab der man einen Lärmschaden bekommen kann, liegt bei ca. 120 dB. Es gilt aber der Grundsatz: Je lauter es ist, umso kürzer die Zeit, die ausreicht, einen Lärmschaden auszulösen. Die Musik in einer Disco erreicht ca. 100 bis 105 dB, da wird man an einem Abend noch keinen Lärmschaden bekommen. Wenn man aber jeden Tag in die Disco geht, kann das schon anders aussehen, da dem Ohr dann die entsprechende Erholungszeit fehlt. Bei einem Konzertbesuch kann die Lautstärke in der Nähe eines Lautsprecherturms auch schon mal ca. 130 dB erreichen. Da genügt u. U. ein Abend, um sich einen Hörschaden oder Tinnitus einzufangen.
(3) Chronischer Lärmeinfluss über Jahre, z. B. in einem Lärmbereich am Arbeitsplatz. Die Grenze, ab der man durch jahrelangen Dauerlärm einen Lärmschaden bekommen kann liegt bei ca. 85 dB, was individuell aber sehr unterschiedlich sein kann. Auch hier gilt: Je lauter es ist, umso kürzer die Zeitspanne die es braucht, bis jemand einen Lärmschaden bekommt. 

Redaktion: Welche Anzeichen für eine Hörstörung gibt es – außer schlechtem Hören?

Dr. Zeh: Zunächst frage ich zurück: Wie nimmt man „schlechtes Hören“ wahr? In den meisten Fällen tritt ein Hörverlust so schleichend ein, dass die Betroffenen selbst es oft gar nicht bemerken. Aber den Angehörigen fällt auf, dass der Fernseher immer lauter gestellt wird, oder die Betroffenen häufig nachfragen. Die Betroffenen wollen das aber oft nicht wahrhaben, sondern behaupten, dass sie gut hören, nur die Anderen sprächen so undeutlich. Es ist tatsächlich so, dass die Bezugspersonen es oft viel früher bemerken als die Betroffenen selbst, wenn jemand „nicht mehr so gut“ hört.
Ein sehr wichtiges Anzeichen für eine Hörstörung ist ein Tinnitus (Ohrgeräusche). Die meisten Menschen denken, dass schlechtes Hören und Tinnitus zwei verschiedene Krankheiten sind. Das stimmt aber nicht, denn Tinnitus ist die unmittelbare Folge einer Hörstörung, die sich meist auf die hohen Töne beschränkt. Wer also unter Tinnitus leidet, sollte unbedingt sein Gehör überprüfen lassen. 
Weitere Hinweise auf eine Hörstörungen können sein: Erschöpfung, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Nackenverspannungen. Diese Symptome ergeben sich daraus, dass man sich bei einer Hörstörung mehr konzentrieren muss, um sein Gegenüber zu verstehen – den Hörverlust muss man also durch vermehrte Anstrengung beim Zuhören kompensieren. Wir nennen das „Hörstress“. Dieser Stress führt früher oder später zu den genannten Erschöpfungssymptomen. Die Nackenverspannungen kommen daher, dass man sich beim Zuhören immer mehr anspannen muss und den Kopf nach vorne schiebt.

Redaktion: Was kann man bei einem Hörverlust tun? Welche Therapie gibt es, damit man im Falle einer Hörminderung wieder besser hört?

Dr. Zeh: Wie auch zur Prävention gibt es für die Therapie eines Hörverlustes keine Medikamente. Bei einem akuten Hörsturz wird die Gabe von Cortison empfohlen, was aber leider nur einen begrenzten Effekt hat. Zum Glück hat der Hörsturz trotzdem eine gute Prognose durch eine hohe Spontanheilungsquote: In 80 bis 90 % kommt es wieder zu einer Verbesserung des Hörvermögens. Bei chronisch-fortschreitenden Hörstörungen gibt es definitiv keine medizinisch orientierte Therapie. 
Die Therapie eines Hörverlustes ist deshalb nur mit Hörsystemen möglich. Es gibt inzwischen eine große Anzahl verschiedener Hörsysteme – vom konventionellen Hörgerät über aktive Mittelohrimplantate bis hin zum Cochlea-Implantat. Welches Hörsystem jeweils das richtige ist, kann nur der HNO-Arzt nach einer ausführlichen Hördiagnostik entscheiden.

Redaktion: Was ist ein Cochlea-Implantat (CI)?

Dr. Zeh: Ein Cochlea-Implantat (CI) ist eine elektronische Innenohrproteste, welche die Funktion der geschädigten Sinneszellen im Innenohr ersetzen kann. Dazu muss man wissen: Das Innenohr hat die Aufgabe, Schallwellen (mechanische Schwingungen, physikalisch gesehen Druckwellen) in Nervenimpulse umzuwandeln, die unser Gehirn dann verarbeiten kann. Ein Hörgerät ist aber letztlich nur ein Schallverstärker, es kann die Schallwellen also (angepasst an den individuellen Hörverlust) nur lauter machen. Die Umwandlung in Nervenimpulse (also in elektrische Impulse, denn Nervenimpulse sind elektrische Impulse) muss also weiterhin von den Sinneszellen im Innenohr (genannt Haarzellen) geleistet werden. Sind diese Strukturen zu stark geschädigt, kann mit Hörgeräten kein ausreichendes Hören und Sprachverstehen mehr erreicht werden. In solchen Fällen hilft ein Cochlea-Implantat weiter, da mit diesem Implantat die Funktion des Innenohrs vollkommen ersetzt wird, indem das Implantat Stromimpulse direkt auf den Hörnerv und damit zum Gehirn leitet. Das funktioniert sehr gut, die meisten CI-Träger können z. B. auch wieder telefonieren. 
Ich selbst bin seit meiner Kindheit nach einer Hirnhautentzündung fast taub, früher musste ich alles von den Lippen ablesen, heute kann ich mit meinen beiden Cochlea-Implantaten wieder problemlos telefonieren und meine mit viel Kommunikation verbundenen Aufgaben als Chefarzt wahrnehmen.

Mehr Informationen zum Welttag des Hörens: https://welttag-des-hoerens.de

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