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Aus Geschichten lernen

Die Entwicklung der Selbsthilfe im Saarland ist eine Erfolgsgeschichte. Das belegte auch in diesem Jahr der Selbsthilfegruppentag der MEDIAN Klinik Münchwies, zu dem diesmal 230 Besucher auf den Höcherberg kamen.

Beate Ufer von der Koordinierungsstelle der Selbsthilfe im Saarland (KISS) kann die Entwicklung der Selbsthilfe im Bundesland mit eindeutigen Zahlen belegen. Im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte habe sich die Zahl der Gruppen von einstmals 220 auf mittlerweile 700 Gruppen erweitert. Jede dieser Gruppen, die sich mit den verschiedensten Problembereichen befassen, hat ihren festen Teilnehmerkreis, sodass hier in der Summe mehrere tausend Menschen regelmäßig zusammenkommen und sich gegenseitig Unterstützung geben. Traditionell haben Gruppen aus dem Bereich der Suchthilfe eine besonders hohe Verbreitung. Und so waren es auch am 9. November wieder in der Mehrzahl Vertreterinnen und Vertreter von Vereinigungen, wie den Anonymen Alkoholikern, dem Blauen Kreuz, den Freundeskreisen, den Guttemplern und dem Kreuzbund, die sich bei der Fachveranstaltung trafen. Dabei waren aber auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit Ängsten und Panikstörungen (PAN-Neunkirchen), mit Depressionen („Halt und Hoffnung“ aus Wadern), eine Saarbrücker Frauengruppe sowie eine stattliche Anzahl freier Gruppen, die nicht einer der großen Vereinigungen angehören.

Selbsthilfegruppen bieten Austausch und Begegnung für Menschen mit einem gemeinsamen Schicksal, das einander verbindet. All jene, die hier zusammenkommen, eint die Erfahrung, dass die Erzählung über sich entlastet und Mut macht. Aus geteiltem Leid erwächst nicht selten gemeinsames Hoffen. Die Vertreterinnen und Vertreter der Selbsthilfe legen Wert darauf, dass sie keine „Ersatztherapeuten“ sind. Ihre Angebote stehen mit nichts in Konkurrenz zu dem professionellen Hilfesystem. Sie ergänzen es vielmehr. Sie machen Angebote zur Begegnung und auch zur gemeinsamen Freizeitgestaltung. Sie helfen die Woche zu strukturieren und ermöglichen die Erfahrung vorurteilsfrei angenommen zu sein. Nicht selten entstehen aus diesen Begegnungen auch intensive Freundschaften.

Bei den regelmäßigen Treffen sind es vor allem die persönlichen Geschichten der Teilnehmenden, die zur Identifikation und zum Aufzeigen neuer Wege einladen. Auch in der Psychotherapie, wie sie in der Klinik Münchwies zur Behandlung psychischer Erkrankungen und Suchterkrankungen zum Einsatz kommt, weiß man um die heilsame Wirkung der Erzählungen. Es fällt Menschen leichter anhand einer Geschichte sich auf neue Erkenntnisse und Einsichten einzulassen.  Persönliche Erzählungen, mit denen man sich identifiziert, stoßen deshalb auch konkret Veränderungen an und motivieren zu neuem Verhalten. 

In einer Plenumsdiskussion am Vormittag wurden die verschiedenen hilfreichen Voraussetzungen für eine gelingende Gruppenerfahrung beleuchtet. Dabei wurde betont, wie wichtig die Fähigkeit des Zuhörens ist. Selbsthilfegruppen, das wurde deutlich, tragen grundsätzlich dazu bei soziale Kompetenzen zu befördern.  Auch die Gesprächsrunde im Rahmen der Veranstaltung, gab Einblicke in Lebensgeschichten, die für die gelungene Überwindung von Sucht und psychischen Erkrankungen stehen.

Die im Verlauf des Fachtages angebotenen Arbeitsgruppen luden dazu ein sich mit Themen wie der Bewältigung von Traumata, der Überwindung von Essstörungen und Glücksspielsucht sowie den besonderen Themen der Angehörigen gezielt zu befassen.  Darüber hinaus bot der Fachtag ausreichend Gelegenheit zum informellen Austausch zum Kennenlernen und zum Wiedersehen. Nicht wenige der Besucher, die sich in Selbsthilfegruppen engagieren, haben in der Vergangenheit ihre stationäre Therapie in Münchwies durchgeführt. Darauf nahm auch Dr. Monika Vogelgesang, Chefärztin der Klinik, in ihrer Begrüßung Bezug. Es sei für das Team der Klinik sehr wichtig, über die Zeit der eigentlichen Behandlung, mit den Patientinnen und Patienten in Kontakt zu bleiben. So könnten immer wieder wichtige Rückmeldungen aus der Zeit danach, in die tägliche Arbeit der Klinik mit einfließen. Der regelmäßige Austausch mit der Selbsthilfe sei deshalb von großer Bedeutung und man werde sich auch in Zukunft weiterhin aktiv darum bemühen.  

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