Die Zunahme von Adipositas und Übergewicht kann sicherlich als epidemisch eingestuft werden – nach einer Erhebung von 2014 sind etwa 50% der Menschen in Deutschland übergewichtig und ca. 20 % davon adipös (BMI über 30 kg/m2).
Während viel über die Gründe und Folgen lamentiert wird, gelingt es der Gesellschaft noch nicht gut, sich an diese sicherlich nicht kurzfristig veränderbare Situation anzupassen. Adipöse Menschen werden in vielen Fällen ausgegrenzt und stigmatisiert, was wenig hilfreich dafür ist, sie bei Veränderungen ihres Lebensstils zu unterstützen, sondern oft zu sozialem Rückzug und Vereinsamung führt.
Auch wenn einer Adipositas häufig ein gestörtes Essverhalten mit übermäßiger Aufnahme von hochkalorischen Nahrungsmitteln zu Grunde liegt, ist die Adipositas nicht ausschließlich als eine psychische Erkrankung oder Essstörung einzustufen, sondern wird internistisch als Erkrankung des Stoffwechsels gewertet. Die Veranlagung ist hier sicherlich relevant und vermutlich ist auch die Veränderung des Darmbakterienspektrums (sog. Mikrobiom) bei adipösen Patienten von Bedeutung.
Neben psychischen Auslösern (z.B. anfallsartiges Essen bei Traurigkeit oder Stress) spielen noch viele andere Faktoren (Lebensalter, Begleiterkrankungen, Medikamenteneinnahme, Tagesstruktur, Essensrhythmus, Bewegungsverhalten) eine Rolle, die eine individuelle Betrachtung erfordern.
Patienten mit Adipositas werden in allen Kliniken mit behandelt, wobei nur für einige eine Gewichtsreduktion und Lebensstiländerung Hauptziele der Therapie sind (z.B. bei Patienten mit dem sogenannten metabolischen Syndrom). Für andere Patienten ist die Gewichtsreduktion eher ein Nebenanliegen, die aber zur Verbesserung der Grunderkrankung durchaus mit beitragen kann (z.B. im orthopädischen Bereich).
Im Bereich der Psychosomatik haben wir ein Spezialprogramm "Adipositas" entwickelt, bei dem die Auseinandersetzung mit der Adipositas, das Lernen über die Erkrankung sowie Essmanagement und Bewegung die Hauptsäulen der Behandlung.
In unseren internistischen Kliniken wird ein bestehendes Gewichtsproblem thematisiert, aber auch im Gesamtkontext betrachtet. Da es sehr schwierig ist, langfristig Gewicht zu reduzieren, braucht es hierfür eine besonders hohe Motivation, die nicht immer vorausgesetzt werden kann. Wir besprechen mit Ihnen, inwiefern Sie diesbezüglich ein Veränderungsanliegen haben und welche realistischen Veränderungen Sie erreichen können.
Einige Kliniken sind für die Aufnahme besonders übergewichtiger Patienten spezialisiert und verfügen über eine entsprechende Ausstattung an Betten und Trainingsgeräten und auch speziell auf die Adipositas ausgerichtete Therapiegruppen.
Das Therapieprogramm besteht hier aus einer Kombination aus:
Es bestehen auch Kooperationen mit lokalen Fachambulanzen. Dies ist wichtig, wenn es um den weiteren Weg geht, der bei entsprechender Indikation auch in Richtung einer operativen Therapie im Rahmen der sogenannten bariatrischen Chirurgie führen kann. Patienten nach bariatrischen Operationen (Schlauchmagen, Magenbypass) können ebenso zur Rehabilitation aufgenommen werden, um ihr Ess- und Bewegungsverhalten unter den neuen Voraussetzungen zu optimieren. Letztlich muss die stationäre Adipositastherapie in ein langfristiges Gesamtkonzept eingebettet sein, wovon die Rehabilitation ein Abschnitt sein kann, in dem Weichen für die Zukunft gestellt werden.